80 cm-KANONE (WH)
- Das "Dora Gerät" -

Der zweite Weltkrieg gilt unter Militärhistorikern als der erste Konflikt, der durch den Einsatz schneller, beweglicher und flexibel operierender  Verbände entschieden wurde (Blitzkrieg). Vor diesem Hintergrund wirkt der waffentechnische Gigantismus, der von Seiten der deutschen Militärführung betrieben wurde, als Anachronismus. Sinnbilder dieses Größenwahns waren unter anderem Kettenfahrzeuge wie die Maus oder die als Gustav- bzw. Dora-Gerät bekannt gewordene 80cm Kanone.

Bei der 80cm Kanone (E) handelte es sich um das größte jemals gebaute Geschütz. Das 32.480 mm lange Rohr mit einem Gewicht von allein 400.000 kg war beim Feuern auf ein 40-achsiges Fahrgestell montiert. Das Gesamtgewicht belief sich auf 1.350.000 kg! Zum Feuern wurden zwei nebeneinander liegende Gleise benötigt. Gerichtet wurde die Kanone, indem man sie mit zwei Dieselloks in einer Kurve hin- und herschob. Verschossen wurden 7.100 kg schwere Panzergranaten, die eine maximale Schussweite von 37.000 m besaßen. Außerdem gab es noch eine 4.800 kg schwere Sprenggranate, die bei einer V0 von 820 m/s eine Schussweite von 48.000 m erreichte.

Der Einsatz des Geschützes

.. erforderte eine mehr als 4.000 Mann starke Mannschaft, die unter dem Kommando von Oberst R. Böhm stand. Zur Artillerie-Abteilung (E) 672 gehörten neben den Stabseinheiten, ein verstärkter Aufklärungszug, ein Artilleriebeobachterzug mit IR-Ausrüstung sowie die eigentliche 500-köpfige Bedienungsmannschaft. Darüber hinaus waren dem Dora-Verband u.a.  Eisenbahnpioniere, Flak-Einheiten, eine verstärkte Nebenwerfer-Einheit, zwei rumänische Sicherungskompanien und eine Feldgendarmerie-Einheit unterstellt.

Bevor das Dora-Gerät jedoch 1942 bei der Belagerung Sewastopols das erste und einzige Mal zum Einsatz kommen konnte, mussten die Mannschaften und Geräte in fünf Züge mit 99 Wagen zum Einsatzort transportiert werden.  Dazu kamen drei bis vier weitere Bauzüge mit Eisenbahnpionieren, die auch zwei 110 Tonnen Aufbaukräne mitführten. Mit einer Vorlaufzeit von drei bis sechs Wochen und unter Beteiligung von zusätzlichen 1.500 örtlichen Hilfskräften errichteten die Einsenbahnpioniere die 2.000m lange kurvenförmigen Feuerstellung.

Die dreigleisige Aufbaustrecke war ungefähr 900 m lang. Hierbei dienten zwei Gleise als Montageplatz während auf dem dritten Gleis die Materialzüge eingefahren wurden. Von diesem Montageplatz führte dann die circa einen Kilometer lange zweigleisige Schießkurve hinaus.

Die Montage das Geschützes

... ging vergleichsweise schnell vor sich. Es dauerte nur 54 Stunden. Zuerst wurden auf großen Holzplattformen vier handbetriebene Kräne aufgestellt, mit denen dann die elektrisch betriebenen 110 Tonnen Aufbaukräne aufgebaut wurden. Diese Portalkräne überspannten die drei Gleise der Montagestrecke und liefen selbst auf eigenen Schienen. So konnten die Einzelteile per Zug auf dem dritten Gleis angefahren werden, um dann von den beiden Kränen zum Montageplatz gehoben zu werden. Von den 54 Stunden nahm allein die Rohrmontage 16 Stunden in Anspruch. Nachdem die Lafette montiert war, wurde die Rohrwiege mit dem Schildzapfenlager eingesetzt. Danach wurde das Seelenrohr von hinten in das Mantelrohr eingefahren. Nun wurden die Plattformen, Laufstege, Leitern, die beiden Munitionsaufzüge und das restliche Zubehör angebracht. Der Aufbau war damit abgeschlossen.

Während des Einsatzes vor Sewastopol gab die Dora-Kanone insgesamt 48 Schuss. Die Durchschlagskraft des gewaltigen 80 cm Kalibers ermöglichte dabei selbst die Zerstörung eines Munitionslager das 30 m tief im gewachsenen Fels lag. Außerdem wurden mit ihr Panzerforts, wie etwa die Festung "Maxim Gorki" beschossen. Vor jedem der 48 Schüsse musste die Kanone eingerichtet werden.

Das Seitenrichten des Geschützes

... geschah über die Schießkurve. Dazu wurde das Geschütz von zwei synchron gesteuerten 940 PS Dieselloks verschoben. Das Feinrichten wurde mittels Elektromotoren an den Hinterachsen der Drehgestelle vorgenommen. Zwischen den Schienensträngen waren Auflage- und Stützkörper verlegt, die nicht nur zur Stabilisierung der Gleise dienten, sondern auf die auch hydraulische Stützen aufgesetzt wurden. Diese dienten dazu beim Schießen die Achsen der Fahrgestelle zu entlasten. Sowohl für die Munition als auch für die Treibladung, bestehend aus Hülsen- und Beutelkartusche, war ein extra Aufzug am Heck des Schießgerüstes angebracht. Am Anfang wurde das Geschoss mit einem der Aufbaukräne vom Munitionswagen auf eine Munitionstransportkarre gehoben. Diese fuhr dann auf die Plattform des Munitionsaufzuges. Dieser hob die Karre auf die Ladebühne, wo das Geschoss auf den Ladetisch umgeladen wurde. Von dort aus wurde es mit einem hydraulischen Ansetzer ins Rohr gebracht.

 

 

 

 

Zur Erhöhung der Reichweite

... der 80 cm Kanone waren einige weitere Munitionstypen geplant. Beispielsweise ein zwei Tonnen schweres Treibspiegelraketengeschoß oder ein Peenemünder-Pfeilgeschoß mit 150 km Reichweite für ein auf 84 m verlängertes glattes Rohr. Dies sollte vor allem den Beschuss Englands ermöglichen. Das dritte nicht mehr fertiggestellte Geschütz "Langer Gustav" sollte sogar von vornherein eine 43 m lange Kanone mit einem 52 cm Kaliber erhalten. Für diese Kanone war eine Treibspiegelraketengeschoß von 680 kg mit 190 km Reichweite vorgesehen. Darüber hinaus gab es noch Planungen für ein viertes Geschütz mit glattem Rohr, das den Kosenamen "Schwerer langer Gustav" hatte. Das dritte nicht mehr fertiggestellte Geschütz wurde durch Bombenangriffe vernichtet, während die beiden anderen 1945 in Kummersdorf befehlsgemäß von deutschen Sprengkommandos zerstört wurden.

 

 

Obwohl Dora die in sie gesetzten Erwartungen bezüglich der Durchschlagsleistung voll erfüllte, muss sie aus militärischer und wirtschaftlicher Sicht als Fehlplanung gelten. Die 48 abgegebenen Schuss stehen in keinem Verhältnis zum immensen Aufwand der dafür betrieben squad_001.jpg (25272 Byte)wurde, zumal das zweite Geschütz (Gustav) nicht einmal zum Einsatz kam. "Im ganzen gesehen hat dieser Aufwand zweifellos nicht im richtigen Verhältnis zu dem Nutzeffekt gestanden" (Gfm v. Manstein).

  Wer sich weitergehend über das Thema "Eisenbahngeschütze der Wehrmacht" informieren möchte, findet in dem Heft "German Railroad Guns in action", das bei Squadron/Signal Publications erschienen ist, die passende Lektüre. Die Publikation behandelt neben der Dora-Kanone auch die übrigen deutschen Eisenbahngeschütze (Leopold, Bruno u.a.) und schließt auch Beutegeräte in die Betrachtung mit ein.

Sehr zu empfehlen ist auch "Eisenbahn-Geschütze der Welt" von Franz Kosar. Dieses Buch ist das bisher einzige Werk, dass einen Gesamtüberblick über den Mythos der Eisenbahngeschütze bietet. Von den Anfängen im amerikanischen Bürgerkrieg, über die Blütezeit des Ersten Weltkriegs bis hin zum "Dora" Geschütz des Zweiten Weltkriegs werden sämtliche Geschütze technisch beschrieben. Das Buch ist im Motorbuch-Verlag erschienen.

Wer darüber hinaus noch hinreichend Platz in seiner Bastelstube besitzt und das Bedürfnis verspürt, diesen mit einem Nachbau der Dora-Kanone in 1/87 zu schließen (allein die Rohrlänge sollte bei rund 37 cm liegen), sei an die Firma United Fun verwiesen. Andreas Richter will das Modell Anfang 2002 als Resinbausatz auf den Markt bringen.

Die Dora im Modell (klick)
Eine schöne Seite über die Dora (klick)

zurück zur Hauptseite

Auszug aus www.panzerbaer.de